Beilackierungskosten ersetzbar

Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass im Rahmen der Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 ZPO in der fiktiven Schadensberechnung, d. h. wenn der Schaden tatsächlich nicht repariert wird, auch Beilackierungskosten von nicht unmittelbar unfallbeschädiger angrenzender Fahrzeugteile doch zu den im Rahmen der fiktiven Schadensberechnung erstattungsfähigen Herstellungskosten zählen.

Das hat das Berufungsgericht verkannt. Es meint, ein Anspruch auf Ersatz der Beilackierungskosten könne bei fiktiver Abrechnung (von vornherein) nicht bestehen, weil sich die Erforderlichkeit der Beilackierungskosten erst nach durchgeführter Reparatur sicher beurteilen lasse. Zu Unrecht fordert es damit für die von ihm vorzunehmende Schadensbemessung eine sogar im Rahmen des §286 ZPO nicht erforderliche absolute Gewissheit. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der fiktiven Abrechnung eines Fahrzeugschadens – auch hinsichtlich anderer Positionen – stets eine (gewisse) Unsicherheit verbleibt, ob der objektiv zur Herstellung erforderliche (ex ante zu bemessende) Betrag demjenigen entspricht, der bei einer tatsächlichen Durchführung der Reparatur angefallen wäre oder anfallen würde. Unter Hinweis auf diese verbleibende Unsicherheit darf sich ein Gericht nicht der ihm obliegenden Aufgabe entziehen, eine Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen und insoweit zu prüfen, ob ein Schaden überwiegend wahrscheinlich ist.

Das Berufungsgericht hat ferner – wie die Revision zu Recht rügt – maßgeblichen Prozessstoff außer Acht gelassen, § 287 ZPO, Art. 103 Abs. 1 GG.
aa) Der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, eine Beilackierung angrenzender Karosserieteile sei aus Sicht vor der Reparatur als erforderlich anzusehen, wenn es sich um eine Effektlackierung handele, das beschädigte Karosserieteil erneuert werden müsse, und sich ein unmittelbar angrenzendes Karosserieteil in gleicher Ebene und im optisch wahrnehmbaren Bereich befinde. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Daher sei für eine fachgerechte und vollständige Instandsetzung die Beilackierung der linken Tür aus technischer Sicht als zwingend notwendig anzusehen. Zur Beseitigung restlicher Farbton- und Effektdifferenzen sei die sogenannte Beilackierung alternativlos.
bb) Damit lagen nach der von dem Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass im vorliegenden (Einzel-)Fall eine Beilackierung zur Wiederherstellung des vor dem Unfallereignis bestehenden Zustands objektiv erforderlich war. Mit diesem Beweisergebnis hätte sich das Berufungsgericht im Rahmen der von ihm vorzunehmenden Schadensbemessung umfassend und widerspruchsfrei auseinandersetzen müssen(vgl. Senatsurteil vom 13. September 2016 -VI ZR 654/15). Der Hinweis auf die (isolierte) Aussage des Sachverständigen, dass sich 151617-10- Effektunterschiede durch die konkrete Ausrichtung der Metallics- oder Perleffektpartikel grundsätzlich erst nach Abschluss der kompletten Lackierarbeiten gesichert beurteilen ließen, reicht im Hinblick auf die weiteren – oben wiedergegebenen – Ausführungen des Sachverständigen dafür jedenfalls nicht aus. Wenn das Berufungsgericht die Darlegungen des Sachverständigen für unzureichend oder widersprüchlich hielt, hätte es auch bei freier Überzeugungsbildung auf eine Erläuterung oder Ergänzung des Sachverständigengutachtens hinwirken müssen (Senatsurteil vom 15. März 1988 -VI ZR 81/87).

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